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Minnesang anders lesen - mittelalterliche Liebeslyrik aus Perspektive der Queer Studies und Intersektionalitätsforschung (050605)
- Dozent/in
- Dr. Daniel Eder
- Angaben
- Seminar, 2 SWS, ECTS-Studium, Teil der Module (B.A.): 2 V-/K-ÄDL, 3 S-/K-ÄDL, 3 S-SPR/ÄDL
Zeit und Ort: Di 14:15 - 15:45, OS75/S2 - R.26
vom 15.4.2025 bis zum 8.7.2025
- Studienfächer / Studienrichtungen
- Deutsch-B-2F 3-6
- Inhalt
- Stellt man sich für den Minnesang – als spezifische Form der mittelhochdeutschen Liebeslyrik – die Frage „Wer liebt hier eigentlich wen?“, so fällt die Antwort darauf auf den ersten Blick denkbar einfach aus: ein männlich zu denkendes (Rollen-)Ich eine sozial wie moralisch hochstehende Dame, die sich dessen Liebeswerben ablehnend bis gleichgültig gegenüber verhält. Allerdings stimmt diese Einordnung zunächst einmal nur für einen ganz bestimmten Gattungstyp, das sog. Werbungslied bzw. die Minnekanzone. Zum anderen beruht diese Annahme auch auf einer Vorentscheidung, die literaturhistorisch vielleicht besonders naheliegend ist, aber sich mithin das Primat einer heteronormativen Begehrenkonstellation nicht eigens herzuleiten bemüht, sondern dieses meist ungefragt voraussetzt. Schließlich scheint durch die stets männliche Namen tragenden Autoren genügend abgesichert, dass das textintern minnende und singende Ich wohl auch als dominierend als ,Mann‘ zu imaginieren sei und ,weibliches‘ Sprechen – das dann als ,Figurenrede‘ zu gelten hat – der gesonderten Markierung bedürfe. Besonders prekär wird die Genderkonkretisierung jedoch bei Strophen, die die Forschung als ,androgyn‘ eingeordnet hat, und die textmateriell keine Festlegung enthalten, welche Geschlechtszuordnung für die Sprechinstanz eigentlich anzunehmen ist. Ist das liebende Ich hier männlich, weiblich oder genderkategoriell offen zu denken? Ist die Liebe, von der in diesem Zusammenhang die Rede ist, dann eine hetero- oder homosexuelle bzw. gar nicht weiter spezifizierbare? Gibt es nur eine ,richtige‘ Zuweisungsmöglichkeit oder spielt der Text gezielt mit parallel möglichen Konzeptualisierungen? Und was bedeutet das für die Liedstrophen, in denen nur das Gegenüber des Liebesbegehrens gegendert ist – welches Ich liebt eigentlich hier?
Sucht man derart nach den genauen Konstruktionsweisen von Begehrensordnungen im Minnesang, die immer auch Machtrelationen sind, so stellt sich die Frage, ob das mittlerweile auch für die mediävistische Literatur erprobte Paradigma der Intersektionalität, das Ansätze der Gender und Queer Studies fortführt und für kulturelle Bedeutungsformationen von einer von Anfang an gegebenen Überkreuzung verschiedener Ungleichheitskategorien (meist: class, race, gender) ausgeht, auch für die Minnelyrik Aufschluss bieten kann. Dies soll im Seminar erprobt werden, das sich somit als eine doppelte Einführung – in die literarische Tradition des Minnesangs wie in die grundlegende Theoriedebatte zu heteronormativitätskritischen Lektüreangeboten und zur Intersektionalität als literaturwissenschaftliche Methode – versteht.
- Empfohlene Literatur
- Ein Reader mit den jeweiligen Primär- und Sekundärtextvorlagen wird für die einzelnen Sitzungen über Olat zum Download bereitgestellt.
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Immens hilfreich für eine erste Orientierung im Bereich des Minnesangs ist immer noch:
Günther Schweikle: Minnesang. 2., korr. Aufl., Stuttgart u.a. 1995 (Slg. Metzler 244).
Zudem neuerdings:
Kellner, Beate / Reichlin, Susanne / Rudolph, Alexander (Hrsg.): Handbuch Minnesang. Berlin, Boston 2021 (De Gruyter Reference); downloadbar über die UB im Uninetz oder per VPN-Client; s. darin besonders den Artikel von Judith Klinger: „Minnesang in gender- und queertheoretischer Perspektive“ (S. 331–351).
- Zusätzliche Informationen
- Erwartete Teilnehmerzahl: 30
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