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Naturlyrik aus vier Jahrhunderten (051112)
- Lecturer
- Prof. Dr. Sonja Klimek
- Details
- Advanced seminar, 2 cred.h
Time and place: Thu 10:15 - 11:45, LS19 - R.514
from 13.4.2025 to 13.7.2025
- Contents
- Neben der Liebe ist die Natur wohl eines der prominentesten Themen in der Geschichte der Lyrik. Dabei geht es nicht immer um schlichte Landschaftsbeschreibung, sondern auch um die Konstruktion erfundener Topographien – etwa eines ‚locus amoenus’ (eines lieblichen Ortes) oder einer ‚altera natura’ (einer anderen Natur). Natürlich wird auch die real gegebene Natur besungen: Sie wird als Schöpfung gelobt oder vom naturwissenschaftlichen Forscherblick erfasst. Seit dem 18. Jahrhundert wird die Natur immer mehr zum „Spiegel“ für den menschlichen Betrachter selbst. Seelische Prozesse finden ihr Pendant in erlebten Naturszenerien. Die Romantik wiederum erfindet z.T. künstliche Naturschauspiele, in denen nicht selten das Andere, das Unheimliche in die befriedete Kulturlandschaft der menschlichen Seele eindringt. Spätere Generationen im Zeitalter der Industrialisierung thematisieren im Naturgedicht wiederum den Umgang des Menschen mit den natürlichen Ressourcen. In der Zeit des Nationalsozialismus ließ Brechts Warnung («Was sind das für Zeiten, wo / Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist / Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!») das gesamte Genre der Naturlyrik als fragwürdig erscheinen. In der Nachkriegszeit löste es jedoch auch eine ganze Debatte aus, nicht zuletzt durch den Einfluss des ‘Nature Writing’ aus dem angelsächsischen Raum. Mit dem Bewusstwerden der Ökologie-Krise in den 1970er Jahren bekommen Naturgedichte dann in den letzten Jahrzehnten wiederum einen neuen politischen Aspekt: Im ‘Eco-Criticism’ werden die Zerstörung unseres Planeten angeklagt und alternative Lebensmodelle entworfen, aber auch die anthropozentrische Wahrnehmungsperspektive aufgebrochen. Ob als ‚lieblicher Ort’ und Idylle, als bedrohlich-chaotische Gegenwelt zur Kultur, als Spiegel der Seele des Menschen oder als das ursprünglich Reine, dem Menschen völlig Unbegreifliche, das vom menschlichen Herrschaftsanspruch verschmutzt wird: Immer wieder sind es Naturgedichte, in denen der Mensch sich und sein Verhältnis zu seiner Umwelt thematisiert und problematisiert.
Im Seminar vertiefen wir verschiedene Techniken der Lyrikanalyse und Kenntnisse der Geschichte der Neueren Deutschen Literatur anhand ausgewählter Texte des Genres «Naturlyrik». Wir verfeinern die eigenen literaturwissenschaftlichen Arbeitstechniken (Textanalyse, Interpretation durch Kontextualisierung, Literaturrecherche, Strukturierung von Argumenten, mündliche und schriftliche Präsentation von Hypothesen und ihrer Überprüfung).
Zur vorbereitenden Lektüre wird empfohlen:
- Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse. 3. Auflage. Stuttgart, Weimar 2015.
- Gespräch über Bäume. Moderne deutsche Naturlyrik. Hrsg. v. Hiltrud Gnüg. Stuttgart 2013.
- Deutsche Naturlyrik. Eine Auswahl. Hrsg. v. Dietrich Bode. Stuttgart 2012.
- Gudrun Blecken: Textanalyse und Interpretation zu Naturlyrik vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Hollfeld 2018.
- Blütenlesen. Poetiken des Vegetabilen in der Gegenwartslyrik. Hrsg. v. Yvonne Al-Taie u. Evelyn Dueck. Heidelberg 2023.
- Additional information
- Expected participants: 30
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